Virtuelle Qurˈān-Ausstellung Schwerin
handgeschriebene Seiten aus dem Qurˈān

3. Sure (Āl ʿImrān), Verse 154-164

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Makulatur-Blatt, geschrieben im Duktus Maġribī Sūdānī, Nord- oder Westafrika*, vermutl. 19.-20. Jh. (ca. 30x20 cm).:


[(3:154) wa-ṭāˈifatun qad ahammathum anfusuhum yaẓunnūna bi-llāhi ġayra l-ḥaqqi ẓanna l-ǧāhiliyyati yaqūlūna hal lanā]
mina l-amri min šayˈin qul inna l-amra kullahū li-llāhi yuḫfūna fī anfusihim
mā lā yubdūna laka yaqūlūna law kāna lanā mina l-amri šayˈun mā
qutilnā hāhunā qul law kuntum fī buyūtikum la-baraza
llaḏīna kutiba ʿalayhimu l-qatlu ilā maḍāǧiʿihim wa-li-yabtaliya
llāhu mā fī ṣudūrikum wa-li-yumaḥḥiṣa mā fī qulūbikum wa-llāhu
ʿalīmun bi-ḏāti ṣ-ṣudūri (3:155) inna llaḏīna tawallaw minkum yawma ltaqā
l-ǧamʿāni innamā stazallahumu š-šayṭānu bi-baʿḍi mā kasabū
wa-la-qad ʿafā llāhu ʿanhum inna llāha ġafūrun ḥalīmun (3:156) yā ayyuhā llaḏīna
āmanū lā takūnū ka-llaḏīna kafarū wa-qālū li-iḫwānihim iḏā
ḍarabū fī l-arḍi aw kānū ġuzzan law kānū ʿindanā mā mātū
wa-mā qutilū li-yaǧʿala llāhu ḏālika ḥasratan fī qulūbihim wa-llāhu
yuḥyī wa-yumītu wa-llāhu bi-mā taʿmalūna baṣīrun (3:157) wa-la-ˈin qutiltum fī
sabīli llāhi aw muttum la-maġfiratun mina llāhi wa-raḥmatun ḫayrun mimmā taǧmaʿūna ...

[(3:154) Dann, nach dem Kummer, sandte Er auf euch Sicherheit herab, einen Schlaf, der eine Gruppe von euch überkam, während eine (andere) Gruppe sich um sich selbst kümmerte, indem sie von Gott etwas anderes als die Wahrheit dachte, wie in der Zeit der Unwissenheit gedacht wurde. Sie sagten: »Haben wir] bei der Angelegenheit etwas zu entscheiden?« Sprich: Gott allein entscheidet in der ganzen Angelegenheit. Sie halten in ihrem Inneren geheim, was sie dir nicht offenlegen. Sie sagen: »Wenn wir bei der Angelegenheit etwas zu entscheiden gehabt hätten, wären wir nicht hier getötet worden.« Sprich: Auch wenn ihr in euren Häusern geblieben wäret, so wären diejenigen, für die es bestimmt war, getötet zu werden, dennoch zu ihren Sterbestätten hinausgezogen. (Dies geschieht), damit Gott prüft, was in eurer Brust ist, und läutert, was in euren Herzen ist. Und Gott weiß über das innere Geheimnis Bescheid.
(3:155) Diejenigen von euch, die sich abkehrten am Tag, da die beiden Scharen aufeinandertrafen, die hat der Satan straucheln lassen wegen etwas von dem, was sie erworben haben. Gott hat ihnen nunmehr verziehen. Gott ist voller Vergebung und langmütig.
(3:156) O ihr, die ihr glaubt, seid nicht wie diejenigen, die nicht glauben und die von ihren Brüdern, wenn diese auf der Erde umherzogen oder sich auf einem Feldzug befanden, sagen: »Wären sie bei uns gewesen, wären sie nicht gestorben und nicht getötet worden.« Gott will dies zu einem Grund zu (tiefem) Bedauern in ihren Herzen machen. Und Gott macht lebendig und läßt sterben. Und Gott sieht wohl, was ihr tut.
(3:157) Und wenn ihr auf dem Weg Gottes getötet werdet oder sterbt, so ist Vergebung und Barmherzigkeit von Gott besser als das, was sie zusammentragen." ...



(3:158) wa-la-ˈin muttum aw qutiltum la-ilā llāhi tuḥšarūna (3:159) fa-bi-mā raḥmatin
mina llāhi linta lahum wa-law kunta faẓẓan ġalīẓa l-qalbi
la-nfaḍḍū min ḥawlika fa-ʿfu ʿanhum wa-staġfir lahum
wa-šāwirhum fī l-amri {wa ʿaṣaitum min baʿdi mā arākum mā tuḥibbūna
minkum man yurīdu ad-dunyā wa minkum man yurīdu al-āḫirata ṯumma
ṣarafakum ʿanhum wa li-yabtalaikum wa laqad ʿafā ʿankum wallāhu
ḏū faḍlin ʿalā l-muˈminīna
}* (3:161) wa-mā kāna li-nabiyyin an yaġulla wa-man
yaġlul yaˈti bi-mā ġalla yawma l-qiyāmati ṯumma tuwaffā kullu nafsin
mā kasabat wa-hum lā yuẓlamūna (3:162) a-fa-mani ttabaʿa riḍwāna llāhi ka-man
bāˈa bi-saḫaṭin mina llāhi wa-maˈwāhu ǧahannamu wa-biˈsa l-maṣīru (3:163)
hum daraǧātun ʿinda llāhi wa-llāhu baṣīrun bi-mā yaʿmalūna (3:164) la-qad
manna llāhu ʿalā l-muˈminīna iḏ baʿaṯa fīhim rasūlan min
anfusihim yatlū ʿalayhim āyātihī wa-yuzakkīhim wa-yuʿallimuhumu
[l-kitāba wa-l-ḥikmata wa in kānū min qablu la-fī ḍalālin mubīnin]

(3:158) Und wenn ihr sterbt oder getötet werdet, so werdet ihr gewiß zu Gott versammelt werden.
(3:159) Es ist um der Barmherzigkeit Gottes willen, daß du ihnen gegenüber umgänglich warst. Wärest du grob und hartherzig gewesen, wären sie rings um dich fortgelaufen. So verzeihe ihnen und bitte für sie um Vergebung und ziehe sie zu Rate in den Angelegenheiten. {... und ungehorsam wäret, nachdem Er euch hatte sehen lassen, was ihr liebt - unter euch gibt es welche, die das Diesseits wollen, und unter euch gibt es welche, die das Jenseits wollen; dann wies Er euch von ihnen ab, um euch zu prüfen. Und Er hat euch nunmehr verziehen. Gott ist voller Huld gegen die Gläubigen.}*
(3:161) Es steht einem Propheten nicht zu, zu veruntreuen. Wer veruntreut, wird das, was er veruntreut hat, am Tag der Auferstehung beibringen. Dann wird jeder Seele voll erstattet, was sie erworben hat. Und ihnen wird nicht Unrecht getan.
(3:162) Ist denn derjenige, der dem Wohlgefallen Gottes folgt, wie der, der sich den Groll Gottes zuzieht und dessen Heimstätte die Hölle ist? Welch schlimmes Ende!
(3:163) Sie nehmen verschiedene Rangstufen bei Gott ein. Und Gott sieht wohl, was sie tun.
(3:164) Gott hat den Gläubigen eine Wohltat erwiesen, als Er unter ihnen einen Gesandten aus ihrer Mitte hat erstehen lassen, der ihnen seine Zeichen verliest, sie läutert und sie [das Buch und die Weisheit] lehrt. [Sie befanden sich ja vorher in einem offenkundigen Irrtum.]"

[Übersetzung von Th. A. Khoury]

*  Anstelle des korrekten Folgetextes in 3:159 und des kompletten Verses 3:160
فَإِذا عَزَمْتَ فَتَوَكَّلْ عَلَى اللَّهِ إِنَّ اللَّهَ يُحِبُّ الْمُتَوَكِّلِينَ ۞ إِنْ يَنْصُرْكُمُ اللَّهُ فَلا غالِبَ لَكُمْ وَ إِنْ يَخْذُلْكُمْ فَمَنْ ذَا الَّذِي يَنْصُرُكُمْ مِنْ بَعْدِهِ وَ عَلَى اللَّهِ فَلْيَتَوَكَّلِ الْمُؤْمِنُونَ
[…fī l-amri] fa-iḏā ʿazamta fa-tawakkal ʿalā llāhi inna llāha tuḥibbu l-mutawakkilīna (3:160) in yanṣurkumu llāhu fa-lā ġāliba lakum wa in yaḫḏulkum fa-man ḏā llaḏī yanṣurukum min baʿdihī wa-ʿalā llāhi fa-l-yatawakkali l-muˈminūna.
d.h.
(3:159) „… Und wenn du dich entschlossen hast, dann vertraue auf Gott. Gott liebt ja die, die vertrauen. (3:160) Wenn Gott euch unterstützt, dann kann niemand euch besiegen. Und wenn Er euch im Stich läßt, wer ist es, der euch daraufhin unterstützen könnte? Auf Gott sollen also die Gläubigen vertrauen.“

hat der Kopist in Zeile 4 (Mitte) bis 7 (Mitte) versehentlich eine Passage aus Vers 3:152 übernommen, wohl weil dem ebenfalls „fī l-amri“ (فِي الْأَمْرِ) vorausging und er in die falsche Zeile gerutscht ist (Errare humanum est!):
وَ عَصَيْتُمْ مِنْ بَعْدِ ما أَراكُمْ ما تُحِبُّونَ مِنْكُمْ مَنْ يُرِيدُ الدُّنْيا وَ مِنْكُمْ مَنْ يُرِيدُ الْآخِرَةَ ثُمَّ صَرَفَكُمْ عَنْهُمْ لِيَبْتَلِيَكُمْ وَ لَقَدْ عَفا عَنْكُمْ وَ اللَّهُ ذُو فَضْلٍ عَلَى الْمُؤْمِنِينَ

[… fī l-amri] wa ʿaṣaitum min baʿdi mā arākum mā tuḥibbūna minkum man yurīdu ad-dunyā wa minkum man yurīdu al-āḫirata ṯumma ṣarafakum ʿanhum wa li-yabtalaikum wa laqad ʿafā ʿankum wallāhu ḏū faḍlin ʿalā l-muˈminīna.
d.h.
"... und ungehorsam wäret, nachdem Er euch hatte sehen lassen, was ihr liebt - unter euch gibt es welche, die das Diesseits wollen, und unter euch gibt es welche, die das Jenseits wollen; dann wies Er euch von ihnen ab, um euch zu prüfen. Und Er hat euch nunmehr verziehen. Gott ist voller Huld gegen die Gläubigen."

Das erklärt vielleicht den Zustand des Blattes, indem der Kopist den Fehler wohl bemerkt und es als Makulatur ausgesondert hat. Da normalerweise verschriebene Blätter umgehend vernichtet werden, auch um zu verhindern, dass sie versehentlich in einen Quran mit eingebunden werden, ist dieses Blatt wohl von gewisser Seltenheit.

Eigenartig ist, dass die für Maghribi-Schriften typische Schreibung von F (ڢ) und Q (ڧ) hier nicht zu finden ist, sondern die allgemein-arabische Schreibweise, d. h. F (ف) und Q (ق). Der archaisch wirkende Schriftstil spricht für Westafrika bzw. Sahelzone, d. h. von Mauretanien und Senegal bis in den Sudan, während die Punktation dieser beiden Buchstaben eher weiter nordöstlich ab Libyen und Ägypten üblich ist. Für eine mehr in Nordwestafrika oder Westafrika liegende Provenienz spricht wiederum die Orthografie entsprechend der Lesungsweise von Imam Warsch, welche hauptsächlich im Bereich der sunnitisch-malikitischen Schule Nordwest- und Westafrikas dominiert.

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